Wirtschaftspolitik
EU einig über Regeln für Corona-Aufbaufonds
- Veröffentlicht: 06.10.2020
- 19:00 Uhr
- dpa
Die EU-Staaten stemmen sich mit einem gemeinsamen 750-Milliarden-Euro-Programm gegen die Wirtschaftskrise nach der Pandemie. Nun geht es um die rechtliche Umsetzung. Es bleibt nicht viel Zeit.
Die EU-Staaten haben sich auf Regeln für den geplanten Corona-Aufbaufonds geeinigt. Ziel ist, das Geld aus dem milliardenschweren Fonds Anfang 2021 im Kampf gegen die Krise bereit zu haben, wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Dienstag sagte. Aus dem Fonds könnten bis einschließlich 2023 rund 22,7 Milliarden Euro nach Deutschland fließen. Zugleich könnten auf Deutschland nach Berechnung der FDP rund 75 Milliarden Euro als Anteil an der Finanzierung zukommen.
750-Milliarden-Euro-Programm
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich im Juli auf ein 750-Milliarden-Euro-Programm gegen die dramatischen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise geeinigt. Das eigentlich Neue daran: Erstmals sollen im Namen der EU gemeinsam im großen Stil Schulden aufgenommen und teils als Zuschüsse an EU-Staaten verteilt werden. Das Geld soll dann über Jahrzehnte gemeinsam aus dem EU-Haushalt wieder getilgt werden.
Deutschland ist als wirtschaftsstärkstes Land größter EU-Nettozahler und trägt dementsprechend auch an der Finanzierung des Fonds einen Anteil von rund 24 Prozent mit. Besonderen Nutzen ziehen aber die Staaten, die von der Pandemie am stärksten getroffen wurden, darunter Italien, Frankreich und Spanien.
Konkret sollen über den Aufbaufonds - im EU-Deutsch Aufbau- und Resilienzfaszilität genannt - 312,5 Milliarden Euro als Zuschüsse verteilt werden. Hinzu kommen 360 Milliarden Euro als Kredite, die nicht gemeinsam, sondern vom Empfängerland zurückgezahlt werden.
"Herzstück" des Aufbauplans
Der Fonds sei "das Herzstück" des Aufbauplans, und darauf habe man sich nun geeinigt, sagte Scholz nach einer Online-Konferenz mit den übrigen EU-Wirtschafts- und Finanzministern. Zur Umsetzung der Beschüsse vom Sommer sind nach seinen Worten rund 50 Rechtsakte nötig.
Bei der konkreten Ausgestaltung geht es unter anderem darum, welche Bedingungen für den Zugang zum Geld einzuhalten sind und wie das überwacht wird. Die EU-Staaten müssen Reformpläne aufstellen und genehmigen lassen. Das Geld wird nur in Etappen ausgezahlt. Ziel ist, dass sich die EU-Staaten erholen, gleichzeitig die Wirtschaft aber auch grüner und digitaler wird.
Nach der Einigung der EU-Staaten auf die rechtliche Umsetzung des Fonds muss nun noch eine gemeinsame Linie mit dem Europaparlament gefunden werden. Mit dem Parlament laufen zudem noch die Verhandlungen über den nächsten siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen im Umfang von 1074 Milliarden Euro. Budget und Corona-Plan bilden ein Paket von 1,8 Billionen Euro, das gemeinsam unter Dach und Fach gebracht werden soll.
Die Berechnungen zu den deutschen Anteilen an Nutzen und Finanzierung des Fonds stammen aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Gerald Ullrich. Sie liegt der dpa vor. Zuerst hatte die "Welt" darüber berichtet. FDP-Politiker Ullrich kritisierte das "krasse Missverhältnis" zwischen deutschen Kosten und Nutzen. "Und das, obwohl auch die deutsche Wirtschaft unter den Corona-Maßnahmen stark gelitten hat", sagte er der "Welt". "Die Bundeskanzlerin hätte in Brüssel härter verhandeln müssen."