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100 Millionen Tiere tot

Schweinepest lässt Fleischpreise steigen

  • Veröffentlicht: 14.06.2019
  • 10:23 Uhr
  • dpa
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In China grassiert die Schweinepest. 100 Millionen Tiere verenden. Bei ihrem Besuch in Peking hört Agrarministerin Klöckner immer wieder eine Bitte: Liefert mehr Schweinefleisch. Deutsche Bauern freut es.

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Trotz Afrikanischer Schweinepest ist Han Changfu der Appetit nicht vergangen. Beim zwölfgängigen Bankett in Peking zeigt der chinesische Landwirtschaftsminister seiner deutschen Amtskollegin Julia Klöckner (CDU) stolz den delikat zubereiteten Schweinebauch auf ihren Tellern: "Aus meiner Provinz", sagt er. Eine Spezialität. Worüber er nicht so gerne spricht: Seine Heimat Heilongjiang musste im Januar einen großen Ausbruch der Schweinepest erleiden - einen von bis heute 134 offiziell eingeräumten "Fällen".

China am schwersten betroffen

Es ist die bislang größte globale Tierseuche. Mit den meisten Schweinen weltweit ist China am schwersten betroffen von der Krankheit, die für Menschen zwar ungefährlich ist, aber die Schweine tötet. Bis Jahresende dürften nach Schätzungen rund 20 Prozent der Schweinepopulation in China verendet sein - rund 100 Millionen Tiere. Wie immer bei solchen Krisen im Land liegt vieles im Dunkeln, will die Regierung den Eindruck vermitteln, alles sei unter Kontrolle.

Die Verbraucher werden aber unruhig, spüren die Engpässe und den Anstieg der Preise um zweistellige Prozentsätze. "Die Chinesen sagen, sie hätten es im Griff, aber genaue Zahlen haben sie nicht genannt", sagt Klöckner. "Es ist der hohe Wunsch an uns herangetragen worden, mehr Schweinefleisch nach China zu exportieren."

Dass China mehr importiert, freut die deutschen Schweinemäster, die schon von deutlich gestiegenen Erzeugerpreisen profitieren. Aktuell bekommen sie im Durchschnitt pro Kilo mehr als 1,80 Euro, sagt Matthias Quaing, Marktexperte bei der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) im niedersächsischen Damme. Der Nachfrageboom aus China habe Anfang März eingesetzt und den damaligen Preis von 1,40 Euro pro Kilo auf das aktuelle Niveau gezogen.

Preise fast durchgängig unter 1,50 Euro

Die vergangenen Jahre seien eher schlecht gewesen, sagt Quaing. 2018 hätten die Preise fast durchgängig unter 1,50 Euro gelegen. "Für eine kostendeckende Produktion brauchen wir eigentlich einen Preis von 1,70 Euro." Wenn jetzt die Preise ein paar Wochen lang über den Produktionskosten lägen, gleiche das noch nicht ein ganzes Jahr aus.

Bei den deutschen Verbrauchern kommen die höheren Erzeugerpreise hingegen noch nicht so richtig an. Schweinefleisch sei im Einzelhandel bislang nicht wirklich teurer geworden, heißt es bei der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI). Die Preise hätten im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat gerade einmal um 1,7 Prozent zugelegt, sagt AMI-Experte Thomas Els.

Dafür bekommen andere die Preissteigerungen in Deutschland zu spüren: Wursthersteller und andere Fleischverarbeiter. Der Bundesverband der Fleischwarenindustrie spricht von bedrohlichen Marktbedingungen. Sie müssten 30 Prozent mehr für Schweinefleisch zahlen, gleichzeitig sinke die Nachfrage der Privathaushalte nach Fleisch und Fleischwaren.

Hinzu kommt: Die Lieferanten schließen langfristige Verträge mit dem Einzelhandel. Plötzliche Aufschläge lassen sich nicht ebenso schnell weitergeben. "Das muss jedes Unternehmen mit seinem Handelspartner in Verhandlungen umsetzen", sagt Verbandsgeschäftsführer Thomas Vogelsang. "Das sind immer so Phasen, die schwierig sind." Manche der rund 120 mittelständischen Mitgliedsunternehmen machen sich daher Sorgen, ob sie das aktuelle Preishoch beim Schweinefleisch überleben.

Verbraucher müssen mit höheren Preisen rechnen

Aber auch deutsche Verbraucher müssen irgendwann mit höheren Preisen rechnen. Der größte deutsche Schlachtkonzern Tönnies aus dem ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück geht davon aus, dass wegen der Nachfrage aus China am Ende auch in Deutschland die Verbraucherpreise für Fleisch- und Wurstwaren steigen werden. Von einem Schwein werde etwa die Hälfte in Deutschland vermarktet - vor allem Edelteile wie Schnitzel, Filet oder Nacken. Die andere Hälfte wird überwiegend in die EU exportiert.

China und der asiatische Markt seien der wichtigste Handelspartner außerhalb der EU, sagt Unternehmenssprecher André Vielstädte. Dorthin würden Produkte als Lebensmittel verkauft, die in Deutschland nicht gegessen werden, aber in China als Delikatesse gelten, wie Öhrchen, Pfötchen oder Schwänzchen. Seit dem Ausbruch der Schweinepest in China sei aber auch die Nachfrage nach den Edelteilen gestiegen.

Nur was passiert, wenn auch in Deutschland die Schweinepest ausbricht? Bisher gilt: Tritt irgendwo in Deutschland die Tierseuche auf, darf das Schweinefleisch - egal aus welcher Region - nicht mehr nach China exportiert werden. Eine Horrorvorstellung für deutsche Schweinehalter und Schlachtkonzerne. Ob das tatsächlich so kommen muss, hat Klöckner in Peking auch besprochen. So will sich jetzt eine Delegation aus China in Deutschland die Vorkehrungen zur Eindämmung genau anschauen, um das pauschale Vorgehen noch einmal zu überdenken.

Sorgen weist Klöckner zurück

Zu große Sorgen weist Klöckner aber zurück: "Die Gefahr, dass es nach Deutschland eingeführt wird, sehe ich als gering an, weil wir intensiv darauf achten. Aber weltweit breitet es sich aus", sagt die Ministerin und verweist auf Länder in Osteuropa wie Polen, Ungarn und Bulgarien, wo auch Haus- und Wildschweine leicht in Kontakt kommen.

Der "Risikofaktor" sei vor allem der Mensch, der Fleischprodukte über die Grenze mitbringe. Denn der Erreger ist sehr resistent gegen Kälte und Hitze, lässt sich damit leicht übertragen. Deutschland habe daher seine grenzüberschreitende Vorbeugung, Kooperation und auch die Aufklärung entlang den Autobahnen verstärkt, sagt Klöckner. "Wir sehen die Ausbreitung von Osteuropa kommend, aber damit sind unsere Präventionsmaßnahmen immer stärker geworden."

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