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Zuspruch für Böllerverbot

Wird Silvester wegen Corona geopfert?

  • Veröffentlicht: 23.11.2020
  • 14:47 Uhr
  • dpa
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Kommt das Böllerverbot zu Silvester im Corona-Jahr oder nicht? Wenn es um die Feiertage geht, scheint vielen in Deutschland Weihnachten wichtiger als der Jahreswechsel.

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Allen ist klar: Die Feiertage werden im Corona-Jahr anders als sont. Bei Silvester stößt ein angedachtes Böllerverbot auf Verständnis in der Bevölkerung, dürfte sich jedoch kaum durchsetzen, weil mächtige Bundesländer dagegen sind. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte zudem, es gehe nicht um schön klingende Forderungen, sondern vor allem um die Umsetzbarkeit. Die Sicherheitsbehörden seien nicht gut genug ausgestattet. Auch bei Weihnachten zeigen sich Risse in der Gesellschaft. Am Mittwoch beraten Bund und Länder über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise.

Knapp zwei Drittel der Bundesbürger (64 Prozent) sind laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov dafür, das Silvesterfeuerwerk 2020/'21 wegen der Corona-Krise zu verbieten. 25 Prozent lehnen ein Verbot derzeit ab, 10 Prozent machten keine Angabe. Gefragt wurden die Teilnehmer, ob sie ein Feuerwerksverbot "in diesem Jahr aufgrund der coronabedingten Überlastung von Gesundheitssystem und Krankenhäusern" befürworten oder ablehnen.

Eine Skepsis gegenüber Krachern und farbenfrohen Funken am Silvesterhimmel gibt es in Deutschland schon seit Jahren - freilich früher aus anderen Gründen. Schon 2019 gaben 57 Prozent der Bundesbürger in einer Yougov-Umfrage fürs Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) an, dass "Böllern zu Silvester aus Umwelt- und Sicherheitsgründen verboten" werden sollte.

Kontroverse Diskussionen über Böller und Raketen

Wegen Corona wird nun besonders kontrovers über Böller und Raketen diskutiert. Der Innenminister des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), sprach sich dagegen aus, entscheiden müssten aber die Kommunen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte im ARD-Fernsehen, Weihnachten solle "freier" sein, "dafür Silvester wieder konsequenter". Für Silvester wünscht er sich ein Böller- oder Alkoholverbot auf größeren Plätzen. "Ein generelles Böllerverbot braucht es aber nicht." Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hält nichts vom Verbieten: "Feuerwerk muss Silvester trotz Corona möglich sein", sagte er "Bild".

Die sieben unionsgeführten Bundesländer sind anders als die sieben SPD-geführten Länder gegen ein Verkaufsverbot für Silvesterböller. Der Verkauf und das Mitführen von Pyrotechnik solle nicht untersagt werden, heißt es in einem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur am Montag vorlag. Stattdessen solle es einen Appell geben sowie ein Verbot von Feuerwerk auf belebten Plätzen.

In einem Papier Berlins als Vorsitzland der Ministerpräsidentenkonferenz heißt es dagegen, zum Jahreswechsel solle der Verkauf, der Kauf und das Zünden von Feuerwerk verboten werden - insbesondere um die Einsatz- und Hilfskräfte zu entlasten und um größere Gruppenbildungen zu vermeiden.

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Böllerbranche laut Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) rund 130 Millionen Euro Umsatz. Der Verband warnte vor einem Totalverbot: "Ohne das Silvester-Geschäft droht der Feuerwerksindustrie das Aus", sagte VPI-Geschäftsführer Klaus Gotzen "t-online". "Womöglich gibt es dann nie wieder Feuerwerk in Deutschland." Auch der Handel warnte: Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND/Montag), von "einer Mehrbelastung der Krankenhäuser" könne bei fachgerechtem Gebrauch keine Rede sein. "Ein Verbot könnte am Ende dazu führen, dass die Verbraucher häufiger zu illegalen Feuerwerkskörpern auf dem Schwarzmarkt greifen."

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Silvesterparty am Brandenburger Tor abgesagt

Deutschlands größte Silvesterparty am Brandenburger Tor in Berlin wurde schon abgesagt, die dortige ZDF-Show mit Andrea Kiewel und Johannes B. Kerner und Stars wie Peter Maffay soll es aber geben.

Auch beim Thema Weihnachten rumort es vor allem in den C-Parteien und unter den CDU-Vorsitzkandidaten. So diskutierten viele in sozialen Netzwerken ein plakatives Zitat von NRW-Regierungschef Armin Laschet, der der "Welt am Sonntag" gesagt hatte, es stehe "das härteste Weihnachten, das die Nachkriegsgenerationen je erlebt haben" bevor. Es sei aber eine Illusion zu glauben, man könne 80 Millionen Menschen verbieten, Weihnachten die Familie zu treffen. Friedrich Merz hatte dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag) gesagt, das Fest in der Familie sollte nicht in Frage gestellt werden. "Es geht den Staat auch nichts an, wie ich mit meiner Familie Weihnachten feiere."

2015 sorgte ein Werbespot für Aufsehen, in dem ein alter Mann seinen Tod vortäuscht, um seine treulosen Familienmitglieder, die mit Ausreden seine Einladung absagen, zum Weihnachtsfest zu sich zu holen. "Wie hätte ich euch denn sonst alle zusammenbringen sollen? Mmh?" Fünf Jahre später nimmt zumindest ein Großteil der Politik eine ganz andere Stimmungslage an: Will Deutschland wirklich nichts lieber, als sich zum Fest in möglichst großem Familienkreis treffen?

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