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Ermittlungen aufgenommen

Untreue-Verdacht: Grünen-Spitze im Visier der Staatsanwaltschaft

  • Veröffentlicht: 19.01.2022
  • 21:22 Uhr
  • dpa
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© dpa

Der Grünen-Bundesvorstand hatte sich im Winter 2020 selbst einen Corona-Bonus bewilligt. Nach Kritik interner Rechnungsprüfer zahlten die Politiker das Geld zurück. Nun ermittelt die Justiz.

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Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Anfangsverdachts der Untreue gegen den gesamten Bundesvorstand der Grünen. Das bestätigte ein Sprecher der Behörde am Mittwochabend der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte der «Spiegel» berichtet.

Ein Grünen-Sprecher bestätigte ebenfalls, dass es Ermittlungen gebe, und erklärte: «Es geht dabei um die Mitwirkung der Mitglieder des Bundesvorstandes an Beschlüssen zur Auszahlung von sogenannten «Corona-Boni», die - wie bereits bekannt - 2020 an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle und zugleich an den Bundesvorstand gezahlt worden waren.»

Zum Grünen-Vorstand gehören neben den Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck auch Michael Kellner, Jamila Schaefer, Ricarda Lang und Marc Urbatsch. Beim Parteitag Ende kommender Woche wird ein neuer Bundesvorstand gewählt.

Der Vorstand sei «aus Sicht aller Beteiligten» zu den entsprechenden Beschlüsse legitimiert gewesen, so der Grünen-Sprecher. Die Mitglieder hätten die Boni inzwischen zurückgezahlt. «Die betroffenen Vorstandsmitglieder und die Bundesgeschäftsstelle kooperieren vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft, um den Sachverhalt schnell und vollständig aufzuklären.»

Mehrere private Strafanzeigen 

Den Corona-Bonus in Höhe von 1500 Euro pro Person bekamen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grünen-Bundesgeschäftsstelle im vergangenen Winter. Er sollte die Belastungen ausgleichen, die durch die Arbeit im Homeoffice und den Umbau des Gebäudes entstanden sind.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es habe mehrere Strafanzeigen von privater Seite gegeben. Die Ermittlungen liefen seit dem 6. Januar. Es gehe dabei um die niedrigste Verdachtsstufe. Die Staatsanwaltschaft sehe einen Anfangsverdacht.

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen der Immunität von Bundestagsabgeordneten vor Beginn der Ermittlungen das Präsidium informiert. Nach einem Bundestagsbeschluss sind solche Ermittlungen dann nach Ablauf von 48 Stunden erlaubt.

Bereits parteiinterne Rechnungsprüfer hatten die Zahlungen an den Vorstand beanstandet. Der Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, die im Oktober darüber berichtete. Der Bonus wurde auch an die sechs Mitglieder des Bundesvorstands gezahlt, was laut den Rechnungsprüfern aber nicht durch die parteiinternen Regelungen gedeckt war.

«Tatsächlich waren nur die tariflich festgelegten 300 Euro abgedeckt.» Diesen Schritt hätte besser der Bundesfinanzrat genehmigt, dem neben dem Bundesschatzmeister auch Delegierte der Landesverbände angehören, merkten die Prüfer an, «da eine finanzielle Regelung nicht allein von den begünstigten Personen getroffen werden sollte». Die Prüfer hatten damals im Falle des Vorstands neben dem Corona-Bonus auch eine Sonderzahlung im Jahr 2019 bemängelt, die unter anderem mit dem guten Wahlergebnis bei der Europawahl begründet wurde.

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Schnelle Aufklärung gefordert

Schatzmeister Marc Urbatsch, selbst Mitglied des Gremiums, hatte damals die Rückzahlung angekündigt und erklärt, die Sonderzahlungen für Vorstandsmitglieder sollten abgeschafft werden.

Baerbock und Habeck treten nicht erneut als Bundesvorsitzende an, nachdem sie als Außenministerin und Wirtschaftsminister in die Bundesregierung gewechselt sind. Die bisherige stellvertretende Vorsitzende Lang und der Außenpolitiker Omid Nouripour bewerben sich um die Nachfolge.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, forderte in der «Rheinischen Post» eine zügige Aufklärung der Vorgänge. «Es stellt sich die Frage, wie es passieren kann, dass ein Gremium der Grünen einen Beschluss fasst, von dem in erster Linie die Mitglieder dieses Gremiums finanziell profitieren», sagte der CDU-Politiker. Es stehe der Verdacht im Raum, dass gegen parteiinterne Regeln verstoßen worden sein könnte. «Das sollte vor allem auch um der politischen Glaubwürdigkeit willen schleunigst geklärt werden.»

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