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Merkel gibt Sommerpressekonferenz

Kanzlerin und Koalition gesund

  • Veröffentlicht: 19.07.2019
  • 12:52 Uhr
  • dpa
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© Michael Kappeler/dpa

Klimapolitik, Flüchtlinge, Personalwechsel - die Themenpalette bei Merkels Sommerpressekonferenz ist lang. Zwei Botschaften will die Kanzlerin vor allem setzen: Die Koalition ist handlungsfähig und sie selbst ebenso.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zuversichtlich, dass die große Koalition trotz interner Differenzen und des Umbruchs bei der SPD Bestand hat. Mit den drei Interims-Parteichefs der SPD und Vizekanzler Olaf Scholz arbeite die Union "sehr, sehr verlässlich zusammen", sagte Merkel am Freitag bei ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz in Berlin. "Das gibt mir auch den Optimismus, dass man die Regierungsarbeit sehr wohl weiterführen kann." Die SPD will im Dezember eine Halbzeitbilanz ziehen und entscheiden, ob sie in der großen Koalition bleibt.

Die vergangenen Wochen hätten die Handlungsfähigkeit der großen Koalition gezeigt, betonte Merkel. "Es liegen noch viele Aufgaben vor uns. Deshalb wird der Herbst auch sehr arbeitsreich sein."

Für den Frühherbst kündigte sie einen Gesetzentwurf zum Abbau des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Zahler an. Mit den Ländern werde man im Herbst außerdem über das Thema gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland diskutieren. Merkel erwähnte zudem das Streitthema Grundrente und stellte weitere Maßnahmen beim Thema Wohnraum in Aussicht.

Merkel hält Koalition für einsatzfähig

Breiten Raum nahm in Merkels Pressekonferenz die Klimapolitik ein. Nach den Beratungen des Klimakabinetts am Donnerstagabend kündigte Merkel für den 20. September eine Entscheidung über ein Maßnahmenpaket an. Die Kanzlerin hält einen CO2-Preis für den effizientesten Weg, damit Deutschland Klimaziele 2030 erreichen kann. Im Gegenzug müsse aber die soziale Ausgewogenheit beachtet werden. Es gehe darum, wie die Klimaziele volkswirtschaftlich am effizientesten erreichbar seien und wie die Gesellschaft mitgenommen werden könnte. "Wir müssen die Menschen mitnehmen", betonte Merkel.

Das Klimakabinett verhandelt derzeit über ein umfassendes Paket, um den Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland schneller zu senken. Es geht dabei um Förderprogramme, neue Vorgaben und einen CO2-Preis, der den Ausstoß von CO2 im Verkehr und beim Heizen verteuern soll. Grundsätzlich liegen zwei Modelle auf dem Tisch: Eine Verteuerung von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas über einen Steueraufschlag oder über einen Handel mit Zertifikaten. Als denkbar gilt auch eine Mischung der beiden Modelle.

"Wir müssen die Menschen mitnehmen", sagte Merkel. Es gehe um eine "sehr umfassende Veränderung" der Vorgehensweise Deutschlands beim Klimaschutz, das müsse "nach allen Seiten abgeklopft werden". Es sei falsch, dass CO2-Bepreisung und Innovationen oft gegeneinander gestellt würden. "Das Gegenteil ist der Fall", sagte die Kanzlerin: Ein Preis für den CO2-Ausstoß reize Innovationen an.

Zeitgleich zu Merkels Pressekonferenz fand in Berlin eine weitere Klimakundgebung der Bewegung Fridays for Future statt, an der auch wieder die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg teilnahm. "Sie haben uns sicherlich zur Beschleunigung getrieben", räumte Merkel ein. Die Schüler hätten die Politik dazu gebracht, entschlossener an die Sache heranzugehen.

Lob für Thunberg

Die Kanzlerin räumte ein, dass sich die Konjunktur eintrübt und sprach von einer "etwas schwierigeren Phase mit geringerem Wachstum". Dennoch will Merkel an einem ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden festhalten. Die CDU-Politikerin verwies auf die alternde Bevölkerung. Sie halte es für wichtig, die immer weniger jungen Menschen nicht mit immer weiter wachsenden Schulden in die Zukunft zu schicken.

Merkel nannte ferner die Wahl von Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin eine gute Nachricht für Europa. Die EU habe keine Zeit zu verlieren und müsse handlungsfähig bleiben. Die Kanzlerin unterstützte zugleich den Anlauf der künftigen EU-Kommissionspräsidentin, die Konstruktionsfehler bei den Dublin-Regeln für Asylverfahren in der EU zu beheben. Zugleich bekräftigte sie, es könne nicht bei jedem Schiff mit Flüchtlingen erneut über eine Einzellösung verhandelt werden. "Die Seenotrettung ist für uns nicht nur Verpflichtung, sondern sie ist ein Gebot der Humanität", stellte die Kanzlerin klar.

Auch verteidigte Merkel gegen Kritiker, dass CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer den Posten der Verteidigungsministerin übernommen hat. Kramp-Karrenbauer sei eine erfahrene Politikerin und bringe als Parteichefin auch politisches Gewicht mit ein. Dass Kramp-Karrenbauer schon am kommenden Mittwoch in einer Sondersitzung des Bundestages vereidigt werden soll, verteidigte die Kanzlerin mit dem Hinweis, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee sei. Zu Zweifeln an der Doppelbelastung der CDU-Chefin meinte Merkel: "Wo immer sie arbeitet, arbeitet sie gerade mit 100 Prozent."

Hoffen auf gesundes Leben nach der Politik

Den Rückzug vom Parteivorsitz bereut Merkel nicht. "Ich kann aus meiner Funktion als Bundeskanzlerin ja meinen Beitrag leisten und Annegret Kramp-Karrenbauer leistet ihren Beitrag als Bundesvorsitzende. Ich glaube, wenn wir das ruhig weitermachen, dann werden wir auch wieder etwas bessere Umfragewerte haben." Zugleich räumte die Kanzlerin der CDU-Chefin gute Chancen auf die nächste Kanzlerkandidatur ein. Sie nehme auf ihre Nachfolge zwar keinen Einfluss. Das müsse die Partei entscheiden. "Aber Annegret Kramp-Karrenbauer ist Parteivorsitzende und ist damit natürlich in einer wichtigen und auch entscheidenden Position. Das ist ja gar keine Frage", fügte die Kanzlerin hinzu.

Auch die Gesundheit Merkels, die in den vergangenen Wochen mit Zitteranfällen bei öffentlichen Auftritten zu tun, war ein Thema der Pressekonferenz. Es gehe ihr gut, sagte die Kanzlerin und betonte: "Als Mensch habe ich auch persönlich ein hohes Interesse an meiner Gesundheit." 2021 werde sie aus der Politik aussteigen. "Aber dann hoffe ich, dass es noch ein weiteres Leben gibt. Und das würde ich dann auch gerne gesund weiterführen."

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