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Das Auto als Waffe:

22-Jähriger nach Rennen wegen Mordes verurteilt

  • Veröffentlicht: 17.02.2020
  • 18:28 Uhr
  • dpa
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Zwei Männer liefern sich ein illegales Autorennen, eine unbeteiligte Frau stirbt. Nach drei Verhandlungstagen steht für die Richter fest: Es war Mord.

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Das illegale Rennen dauerte nur gut fünf Sekunden. Dann prallte einer der beiden PS-starken Wagen im nordrhein-westfälischen Moers gegen das Fahrzeug einer Unbeteiligten - die Frau erlitt tödliche Verletzungen. Der Fahrer des Unfallwagens flüchtete zu Fuß. Das Landgericht Kleve hat den 22-Jährigen am Montag wegen Mordes verurteilt. Der Mann, der nie einen Führerschein besaß, bekam eine lebenslange Freiheitsstrafe. Mit ihrem Urteil folgten die Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Den zweiten Angeklagten, der bei dem Rennen das andere Auto gesteuert hatte, verurteilten die Richter zu drei Jahren und neun Monaten wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge. Damit gingen sie deutlich über die Forderung der Anklage hinaus, die auf eine zweijährige Bewährungsstrafe für den ebenfalls 22 Jahre alten Deutschen plädiert hatte.

Eine 43-Jährige war an dem Abend im April 2019 mit ihrem Kleinwagen beim Abbiegen in einem Wohngebiet auf die von den beiden als Rennstrecke ausgewählte Straße geraten - und hatte keine Chance: Zu schnell, mit zu viel Wucht kam die 612 PS-starke Limousine auf der Gegenfahrbahn angefahren. Der Fahrer bremste und versuchte auszuweichen, doch das Zwei-Tonnen-Auto prallte mit mindestens 105 Kilometern pro Stunde auf das Heck des Kleinwagens und drückte es um einen Meter zusammen. Die Frau erlag später ihren schweren Verletzungen. Ihr Ehemann und die beiden erwachsenen Kinder traten in dem Prozess als Nebenkläger auf. An den drei Sitzungen nahmen sie jedoch nicht persönlich teil.

Die beiden Angeklagten hätten sich die Wagen beschafft, um damit anzugeben, sagte der Vorsitzende Richter Gerhard van Gemmeren in der Urteilsbegründung. Bei dem Unfallwagen handelte es sich um ein Leasingfahrzeug des Vaters. Der andere Wagen war geliehen. Schon am Mittag des Tattages habe der zweite Angeklagte eine Nachricht verschickt, dass es ein Rennen geben werde. Die beiden seien dann am Abend zu der Straße gefahren, auf der es stattfinden sollte.

Beide Fahrzeuge seien extrem beschleunigt worden. Der 612-PS-Wagen habe sofort überholt und eine Höchstgeschwindigkeit von 167 Stundenkilometern erreicht, der andere, ein 550 PS starker Geländewagen, mindestens 92 Kilometer pro Stunde.

Nach nur gut fünf Sekunden und 226 Metern endete das Rennen mit dem tödlichen Unfall. Der Fahrer des Unfallwagens floh zu Fuß. Der andere hielt an. Er und seine drei Mitfahrer liefen zur Unfallstelle, um zu helfen. Noch bevor die Polizei kam, entfernte sich auch hier der Fahrer.

«Der Aufprall war so stark, dass das Reserverad noch 100 Meter durch die Luft flog», sagte der Richter weiter. Der Reifen prallte gegen ein Garagentor. Eine Passantin sei nur deshalb nicht getroffen worden, weil sie sich gerade zufällig nach ihrem Hund gebückt habe.

Das Gericht sah bei dem Unfallfahrer einen Tötungsvorsatz. Es sei zwar nicht so, dass der 22-Jährige den Tod der Frau gewollt habe, aber es handele sich um einen sogenannten Eventualvorsatz. «Wenn jemand es für möglich hält, dass ein anderer umkommt und er dann trotzdem handelt und sich damit abfindet, dass dies eintritt, ist das Tötungsvorsatz», so der Richter. Und weiter: «Er wusste, was er für eine Waffe mit seinem Fahrzeug bedient - und um im Bild zu bleiben - ohne Waffenschein.» Als Automonteur habe der Angeklagte genaue Kenntnis davon gehabt, wie stark das Fahrzeug gewesen sei. Das Mordmerkmal des gemeingefährlichen Mittels liege auf der Hand.

Außerdem sei das Rennen geplant gewesen: «Das war kein spontanes Kräftemessen von zwei Boliden, die sich auf der Straße treffen.» Auch dies spreche für einen Tötungsvorsatz: «Wer den Tatort verlässt, ohne sich zu kümmern, dem ist das Tatopfer offenbar egal.» Der 22-Jährige hatte sich erst acht Tage nach dem Unfall gestellt. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

In seinem letzten Wort vor dem Urteil sagte der 22 Jahre alte Unfallfahrer: «Es tut mir unfassbar leid. Ich möchte es rückgängig machen, aber leider kann ich das nicht mehr.» Auch der Fahrer des nicht direkt in den Unfall verwickelten Autos hatte die Familie der Getöteten um Verzeihung geben. In einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung hieß es: «Es tut mir unfassbar leid, was dort geschehen ist. Ich wünschte, ich könnte alles ungeschehen machen.»

Vor knapp einem Jahr im März hatte das Berliner Landgericht schon einmal zwei 27 und 30 Jahre alte Männer nach einem illegalen Rennen wegen Mordes zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt. Bei dem Rennen im Februar 2016 war ein unbeteiligter Rentner getötet worden.

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