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Buchmesse

Meinungsfreiheit muss auch andere Meinungen ertragen

  • Veröffentlicht: 20.10.2021
  • 17:01 Uhr
  • dpa
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Prominente, Debatten und lange Schlangen: Der erste Tag der Frankfurter Buchmesse ist fast ein Zurück zur Normalität.

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Die Frankfurter Buchmesse hat mit einer Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit begonnen. «Wir bedauern, dass einzelne Autor*innen ihre Auftritte auf der Frankfurter Buchmesse 2021 abgesagt haben», hieß es am ersten Fachbesuchertag in einer gemeinsamen Erklärung der Buchmesse und des Börsenverein des Deutschen Buchhandels. «Ihre Stimmen gegen Rassismus und ihr Eintreten für Diversität werden auf der Frankfurter Buchmesse fehlen.»

Jasmina Kuhnke («Schwarzes Herz») hatte ihren Auftritt auf der Messe wegen der Anwesenheit des Jungeuropa-Verlags abgesagt. Die Buchmesse rechtfertigte am Mittwoch die Entscheidung, rechte Verlage nicht auszuschließen: «Meinungs- und Publikationsfreiheit stehen für uns an erster Stelle.» Alle Verlage, die sich im Rahmen der Rechtsordnung bewegten, dürften in Frankfurt ausstellen - «auch wenn wir ihre Ansichten nicht teilen». Verlage oder ihre Produkte zu verbieten, sei in einem Rechtsstaat Aufgabe von Gerichten.

Kuhnkes Verlag Rowohlt erklärte dagegen: Das Recht auf Meinungsfreiheit stoße «an seine Grenzen, wenn die Sicherheit und die Grundrechte anderer bedroht werden».

An den ersten beiden Tagen ist die Buchmesse zunächst nur für Fachbesucher geöffnet - ihre Zahl ist auf 25 000 pro Tag gedeckelt. Gastland ist in diesem Jahr Kanada. Insgesamt 2000 Verlage und Unternehmen aus 80 Ländern werden erwartet. Mehr als 300 Autorinnen und Autoren stellen ihre Bücher vor, 1400 Veranstaltungen sind geplant. Die Buchmesse dauert bis Sonntag (24. Oktober). Einige Autorinnen und Autoren haben wegen der aktuellen Debatte ihr Kommen allerdings wieder abgesagt. Dazu zählen etwa Riccardo Simonetti, Nikeata Thompson und Annabelle Mandeng, wie sie auf ihren Instagram-Profilen mitteilten.

Am Mittwochmorgen bildeten sich lange Schlangen am Eingang: Besucher mussten ihr elektronisches Ticket vorzeigen, ihren Impf-, Test- oder Genesenen-Nachweis vorlegen und sich mit dem Personalausweis ausweisen. In den Hallen war mehr Platz, die Gänge sind breiter als früher. Zudem finden viele Veranstaltungen - genau wie im letzten Jahr - im Internet statt. Auf dem «Blauen Sofa» oder der ARD-Bühne in der Festhalle konnte man dennoch die ersten Prominenten erleben.

Buchpreis-Gewinnerin Antje Rávik Strubel («Blaue Frau») kritisierte die deutsche Rechtsprechung im Umgang mit sexuellem Missbrauch. Es sei «erschreckend», wie wenige Fälle überhaupt zur Anzeige kämen, sagte sie. Noch viel seltener würden die Täter verurteilt. Ein Grund dafür sei, «dass den Frauen nicht geglaubt wird.» Anders als etwa in skandinavischen Ländern seien die Frauen zudem gezwungen, den Tätern vor Gericht wiederzubegegnen.

Der Historiker Per Leo («Mit Rechten reden», «Tränen ohne Trauer») warnte davor, über dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus die Täter zu vernachlässigen. «Wir haben es mit permanenten Versuchen der Selbstentlastung zu tun», sagte Leo. Er beobachte «eine Verschiebung, die sich - und da wird es problematisch - weg von den historischen Opfern der Shoah hin zum Staat Israel verschiebt. Wir haben da eine Art Entlastungs-Zionismus, der hoch problematisch ist.»

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