Was hat Ihnen am Stück "Frau Müller muss weg!" gefallen?

"Ich glaube, dass es ein Stoff ist, der einen Nerv trifft. Wenn mich Leute fragen, was ich gerade vorhabe, und ich ihnen erzähle, dass ich an FRAU MÜLLER MUSS WEG arbeite und der Untertitel "Eine  Komödie über einen Elternabend" ist, erhalte ich immer sofort eine Reaktion: Ach, das wurde aber auch mal Zeit!

Offenbar ist der Leidensdruck bei diesem Thema sehr hoch. Meine Erfahrung ist, dass die Menschen das riesige Bedürfnis haben, sich auszutauschen und mitzuteilen, nachdem sie das Stück oder den Film gesehen haben. Und letztlich will man doch genau das als Regisseur: Geschichten erzählen, die etwas auslösen beim Zuschauer, die ihn bewegen und beschäftigen."

Wann wussten Sie, dass Sie aus dem Stück auch einen Film machen wollten?
"Gleich beim ersten Lesen. Mein Partner Tom Spieß von Little Shark und ich haben uns auch umgehend um die Verfilmungsrechte bemüht. Das ging im Grunde Hand in Hand mit der Theaterarbeit. Als das Stück im GRIPS Theater Premiere feierte, steckten wir bereits mitten in der Ausformulierung des Drehbuchs."

War es ein Vorteil, dass Sie den Stoff bereits im Theater inszeniert hatten?
"Auf jeden Fall. Ich kannte ja den Text in- und auswendig, viele Dialoge waren mit den GRIPS-Schauspielern schon genauestens herausgearbeitet. Gewöhnlich lasse ich meinen
Darstellern viel Raum, bestehe nicht unbedingt auf jede Zeile. Aber hier war alles bereits in meinem Kopf, ich musste es einfach nur abrufen und umsetzen. Ich will niemanden in seiner Kreativität einschränken, aber ich glaube, letzten Endes waren die Schauspieler nicht allzu sehr frustriert, mit einem Regisseur zu arbeiten, der genau weiß was er will."

Die Titelfigur bleibt über weite Strecken unsichtbar.
"Dafür haben wir uns auch erst im Verlauf der Arbeit entschieden. Klar war nur, dass Frau Müller ihren ersten großen Auftritt am Anfang und den zweiten am Ende haben würde. Aber es gab auch Fassungen, in denen wir im Verlauf der Handlung immer wieder auch zu ihr schneiden wollten. Auch hier hatten wir die Erkenntnis, dass es am sinnvollsten ist, sie nicht mehr zu zeigen, sondern ausschließlich bei den Eltern zu bleiben. Weil sie mit ihren Worten die eigentliche Handlung und die Konfrontation der Eltern angestoßen hat, ist sie im Grunde ja doch irgendwie immer anwesend. Aber jetzt müssen es die Eltern alleine miteinander ausmachen."

Hatten Sie ein Vorbild für FRAU MÜLLER MUSS WEG?
"In der Tat. Vor meinem geistigen Auge habe ich immer John Hughes Klassiker "Breakfast Club" gesehen, der eine ähnliche Prämisse hat, nur dass es bei ihm eine Gruppe von Schülern ist, die in einer Schule festsitzt. Ich wollte mich sogar ganz unmittelbar vor diesem Film verneigen: Der Chor am Ende des Films sollte eigentlich "Don’t You (Forget About Me)" von den Simple Minds singen, der auch in "Breakfast Club" zu hören ist. Letztlich hat aber Humperdincks "Abendsegen" besser gepasst."

Quelle: Constantin Film Verleih GmbH (Auszug des Interviews)

Foto: Sönke Wortmann mit Anke Engelke und Gabriela Maria Schmeide

FILMOGRAFIE (Auswahl)

1988 Drei D
1992 Kleine Haie
1994 Der bewegte Mann
2003 Das Wunder von Bern
2009 Die Päpstin
2014 Schoßgebete

Sönke Wortmann wurde für seine Werke vielfach ausgezeichnet: Unter anderem gewann er den "Bayerischen Fernsehpreis" für eine "Wahnsinnsehe" (1990), "Der Campus (1998) und "Das Wunder von Bern" sowie einen Bambi für "Der bewegte Mann" und "Deutschland. Ein Sommermärchen" (2006). 1997 war er selbst als Darsteller in "Knockin' on Heaven's Door" zu sehen.